Direkt zum Seiteninhalt springen

Policy Workshop II: External Actors and Public Opinion. How Perceptions Influence Politics

Megatrends Spotlight 2022 11, 12.07.2022

Wahrnehmungen bilden den Rahmen, indem wir unsere Meinung bilden und Entscheidungen treffen. So prägen sie die öffentliche Meinung und Politik in Afrika. In den vergangenen Wochen hat Megatrends Afrika untersucht, wie sich Wahrnehmungen von Bürger*innen in der Politik einzelner Staaten niederschlägt. Am 15. Juni 2022 haben wir die Ergebnisse unserer Forschung mit politischen Entscheidungsträger*innen und Vertreter*innen aus der Wissenschaft diskutiert.

Was externe Akteure auf dem afrikanischen Kontinent tun und sagen, gibt viel Anlass zu Diskussion - mitunter auch zu Besorgnis und Kontroversen. Dabei wird der externe Einfluss immer mehr anhand von positiver oder negativer Wahrnehmungen bemessen. Nehmen wir das Beispiel China: Im Jahr 2021 berichtete etwa Quartz Africa: "Africans' favorable view of China comes with one small caveat." In diesem Jahr lautete eine Schlagzeile der Voice of America: "China Wins Battle of Perception Among Young Africans".

Auch bei Megatrends Afrika haben wir uns mit den vielfältigen afrikanischen Perspektiven auf das Thema externe Akteure auseinandergesetzt. Im Rahmen unseres zweiten Politik-Workshops diskutierten wir die Ergebnisse unserer Forschung mit Akteur*innen aus Politik und Wissenschaft. Im Zentrum standen drei unterschiedliche Blickwinkel auf das Thema Perzeptionen aus der Forschung unserer Wissenschaftler*innen Karoline Eickhoff (SWP), Tobias Heidland (IfW) und Emmanuel Rukundo (IDOS): (1) den Diskurs über große chinesische Infrastrukturprojekte in Kenia, (2) die Wahrnehmung afrikanischer und nicht-afrikanischer Migrant*innen in Senegal und Uganda und (3) die Auswirkungen der öffentlichen Meinung zum russischen Krieg in der Ukraine auf das Abstimmungsverhalten afrikanischer Staaten bei den Vereinten Nationen (UN).

Ziel der Veranstaltung war es, die öffentliche Meinung in bestimmten Ländern zu entschlüsseln. Welche Mechanismen beeinflussen, wie externer Einfluss wahrgenommen wird? Dabei ging es sowohl um traditionelle westlichen Mächte als auch die aufstrebenden Akteure wie China oder Russland. Wir diskutierten die Beziehungen zwischen den Staaten, aber auch die sub-staatliche Ebene mit dem Blick auf bestimmte soziale Gruppen und ausländische Gemeinschaften.

Wie Kenianer*innen chinesische Megaprojekte vor dem Hintergrund steigender Schulden und bevorstehender Wahlen wahrnehmen

Während ihrer Forschungsreise nach Kenia, erhielt Karoline Eickhoff kürzlich Einblicke in die verschiedenen politischen Diskurse über große chinesische Infrastrukturprojekte. Kenia befindet sich mitten im Wahlkampf. Im August stimmen Kenianer*innen über ein neues Parlament ab. Währenddessen sieht sich das Land mit einer schweren Schuldenkrise konfrontiert – eine Situation, in der kontrovers über das Verhältnis zwischen ausländischen Investitionen und Staatsverschuldung diskutiert wird. Chinesische Großprojekte werden dabei als Symbole der Unabhängigkeit und Modernität angesehen; sie können aber auch als Ausdruck der Usurpation oder kolossale Verlustgeschäfte dargestellt werden. Während führende Politiker*innen aller politischen Lager und Bürger*innen die von China finanzierten öffentlichen Infrastrukturinvestitionen begrüßen, kritisieren andere Teile der Zivilgesellschaft das Schuldenmanagement ihrer Regierung.

Was bedeutet das für die deutsche Afrikapolitik? Klar sollte sein: Es geht nicht nur darum, mit anderen externen Akteuren um Einfluss zu konkurrieren. Die politische Debatte sollte über diese Vorstellung hinausblicken und verschiedene Perspektiven auf die Beziehungen zwischen Kenia und China einbeziehen.

Wie Ugander*innen und Senegalesen afrikanische und nicht-afrikanische Migrant*innen wahrnehmen

In seinem Vortrag, präsentierte Tobias Heidland umfangreiche Daten aus einer Umfrage, die sein Team in Uganda und Senegal durchführte. Bei der Erhebung ging es darum, die Wahrnehmungen und Einstellungen der einheimischen Bevölkerung gegenüber afrikanischen und nicht-afrikanischen Migrant*innen zu beleuchten. Es zeigte sich: soziale und gesellschaftliche Aspekte spielen eine viel größere Rolle, als individuelle wirtschaftliche Überlegungen. Sogenannte Sozio-tropische und sozio-ökonomische Faktoren bestimmen weitgehend, wie Migrant*innen in ihren afrikanischen Aufnahmeländern wahrgenommen werden. In diesem Zusammenhang ist der Zugang zu sozialen Dienstleistungen für viele Bürger*innen das zentrale Anliegen.

Darüber hinaus haben Heidland und sein Team mitunter Hinweise darauf gefunden, dass China manchmal als eine große wirtschaftliche Bedrohung wahrgenommen wird. Bürger*innen in beiden Ländern unterscheiden jedoch zwischen der geopolitischen Dimension als Ganzer und dem einzelnen Migrant*in selbst, der in ihrer Gemeinschaft ankommt und ihnen begegnet. Daher sollten positive Beispiele der Einwanderung gegenüber der Gesellschaft hervorgehoben und bewährte Verfahren berücksichtigt werden. Die strategische Kommunikation könnte sich darauf konzentrieren, welche Gewinne Migration einer Gesellschaft bringen kann.

Wie Afrikaner*innen den russischen Angriff auf die Ukraine wahrnehmen

Schließlich befasste sich Emmanuel Rukundo mit der Frage, wie das Abstimmungsverhalten in der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNO) mit der öffentlichen Meinung in Afrika zum Krieg in der Ukraine zusammenhängt. Seine Forschungsergebnisse basieren auf einer sogenannten Stimmungsanalyse. Dabei wurden Tweets von Afrikaner*innen in den ersten Wochen des Konflikts analysiert.

Die Untersuchung zeigt, dass die zunehmend negative Stimmung in Afrika in Bezug auf den aktuellen Ukraine-Russland-Krieg mit dem Abstimmungsverhalten bei der UNO korreliert. Die Medienberichterstattung hinterließ bei den afrikanischen Bürger*innen einen deutlichen Eindruck, das galt insbesondere für Berichte, dass afrikanische Studierende aus der Ukraine an den europäischen Grenzen diskriminiert wurden. Das verschob die Debatte in den sozialen Medien und beeinflusste das Abstimmungsverhalten der afrikanischen Staaten.

Was bedeutet das für die deutsche Afrikapolitik und ihre Positionierung in einer neuen multipolaren Ordnung? Der Westen verliert in Afrika an Einfluss und Legitimität. Das erfordert neue Politikansätze, die die viel beschworene "Partnerschaft auf Augenhöhe" von einem Schlagwort zu einem tatsächlichen Politikkonzept machen. Dabei ist es wichtig, über die Regierungsebene hinaus zu schauen: die Mitglieder der afrikanischen Gesellschaft sollten nicht nur gedanklich miteinbezogen, sondern auch direkt angesprochen und beteiligt werden.